Gestern Abend 21 Uhr in dem Supermarkt um die Ecke. Es wird aufgeräumt, die Kassen werden geschlossen und abgezählt, Müll wird weg gebracht und der Bäcker im Eingangsbereich räumt seine Ware aus den Regalen in braune Plastikkörbe. Es sind viele Plastikkörbe, geschätzte 25 Stück in denen jeweils drei Brotlaibe liegen. Dazu kommen noch knapp 40 Brötchen und eine Platte Kuchen. Auf Nachfrage, was denn jetzt mit der Ware geschieht bekomme ich nur die lapidare Antwort: „Das wird weggeschmissen“. Die gesamte Ware in den Regalen wird entsorgt. Na gut, ein Teil landet in der Biogas-Anlage der Bäckerei, aber der Rest wird weggeschmissen. Und in Ostafrika hungern die Menschen.
Die Brötchen werden nicht mal günstiger am nächsten Tag Angeboten, weil „sich das aus Erfahrung für uns nicht gelohnt hat“. Denn die ganzen Kunden kamen dann auf einmal abends, als die Brötchen billiger wurden, statt über den Tag verteilt. Eines muss man den Deutschen lassen, im Schnäppchen jagen sind Sie gut. Es ist also eine Nachfrage da, den Kunden scheint es egal zu sein, ob die Brötchen nun ein bischen älter sind, oder nicht, aber es lohnt sich halt nicht für den Laden. Und in Ostafrika hungern die Menschen.
Das gesamte Material, das teilweise nicht mal eine Stunde alt ist, als es weggeworfen wird, wurde für nichts, einfach so produziert. Die Brötchen, oder Brote werden nicht mal an die städtische Tafel gegeben, die mit Sicherheit gerne die Brötchen angenommen hätten. Das würde sich ja nicht lohnen, denn dann hätte man nichts mehr, was in die Biogas-Anlage kann. Und in Ostafrika hungern die Menschen.
Wer jetzt noch sagt, „die Menschen da sind selber Schuld mit ihrer ganzen Piraterie“ oder „das sind die ersten Opfer des Klimawandels„, hat noch nicht verstanden, das es die westliche Welt ist, die Schuld daran ist. Der Handel mit Aktien ist im Vergleich zu vor zwanzig Jahren unspektakulär. Der meiste Handel wird per Computer gesteuert, deswegen haben wir auch gerade unter anderem an den Börsen solche Talfahrten, weil Computerprogramme bei einem bestimmten Kurs automatisch Aktienbündel verkaufen. Viel Interessanter jedoch ist der Handel mit wirklich richtigen materiellen Werten, wie Papier, Öl, aber auch Getreide und Mais. Dieser ist natürlich vom Aktienhandel völlig losgelöst, hat aber inzwischen einen viel größeren Einfluss auf uns, als Aktien. Eine dieser Börsen steht in Frankfurt (natürlich). Dort kann fast alles gehandelt werden, meistens wird aber auf den Preis gewettet. Sogar auf das Wetter kann gewettet werden.
So konnte es tatsächlich geschehen, dass der Preis für Weizen im Vergleich zum letzten Jahr um 100 % stieg, sich also verdoppelte. der Preis für Mais sogar noch mehr. Es ist nicht zu vergessen, dass es sich um Weltmarktpreise handelt! Was hat das nun mit Afrika zu tun? Die Dürre und Hungersnot war eine Angekündigte. Die Staaten wussten davon. Die erste Maßnahme wäre gewesen sich darauf vorzubereiten, in dem Mais und Getreide gekauft wird. Nur war der Weltmarktpreis aufgrund der Spekulationen so hoch, dass es eben nicht für diese Staaten bezahlbar war, sich solche Vorräte anzulegen. Hier sind wir wieder bei den Spekulationen, denn diese sind der maßgebliche Preistreiber. Stattdessen wird das Problem jetzt sozialisiert. Wir Spenden für Ostafrika (was auch gut ist) diejenigen aber, die das Problem (nicht den Klimawandel, sondern den Preis) verursacht haben, zahlen nichts. Rein theoretisch verdienen Sie sogar daran, denn jetzt kauft die UNO Mais und Getreide zum teureren Weltmarktpreis ein.
Im Grunde genommen müssen wir uns über Piraterie am Horn von Afrika nicht wundern. Unsere Fischtrawler fischen den Einheimischen die Fische weg und wir essen den Anderen Ostafrikanern das Brot weg, in dem wir Getreide und Mais aus Indien importieren, statt ihn selber anzubauen.
In dem Film „We feed the world“ wird gesagt, dass Österreich (als Beispiel) 2/3 seines Getreidebedarfs aus Indien importiert. In Indien hungert jeder dritte. Ich will ehrlich gesagt nicht wissen, wieviel Deutschland an Getreide importiert, nur um in abends um 21 Uhr in Form von Kuchen, Brot und Brötchen zu entsorgen. Es ist nicht der Klimawandel das Problem (jetzt noch nicht), es sind auch nicht die ausbleibenden Regenfälle das Problem, sondern Wir sind das Problem. Wir wollen immer frische Brötchen und nehmen dafür die Wegwerf Gesellschaft in kauf!
Auf facebook gibt es Gruppen, die Vegetarier auf die Schippe nehmen. „Vegetarier essen meinem Essen das Essen weg“ lautet das Motto. Für die Afrikaner lautet das Motto: „Europäer essen meinem Essen und mir das Essen weg“.
Und in Afrika sterben die Menschen.